Lec­tu­re : My­ri­am Wahli

Lesung aus "Comme de l'eau dans l'eau" ein Roman von Myriam Wahli erschienen bei La Veilleuse im August 2024

Die Ebene, nahe Zukunft. Der Sommer knabbert am Frühling und besiedelt den Herbst. Der Strom ist rationiert, der Treibstoff überteuert. Um die Familie zu versorgen, arbeitet Marcelle im Flacon, einer Parfümfabrik. Sie verbringt den Grossteil ihrer Freizeit mit ihrem neuroatypischen Bruder, der von zu Hause weggelaufen ist und nur darauf wartet, dass ihre Mutter zurückkehrt.
Erstickt von den glitschigen Händen eines kranken Vaters und dem Druck eines stumpfsinnigen Alltags, kommt Marcelles Jugend kaum zur Entfaltung. "Comme de l'eau dans l'eau" ist ein roher Roman, der die ersten Gefühle eines vom Schlamm der Welt überfluteten Herzens schreit. Zwischen der verlassenen Gendarmerie des Dorfes, der Tankstelle und der Fabrik bemüht sich nach und nach eine ebenso herbe wie sinnliche Stimme, den Schrecken einer versunkenen Jugend zu überwinden, um uns zu sagen: Ich existiere auch.

Myriam Wahli wurde 1989 in der Schweiz geboren, in der industriellen Umgebung des Berner Jura. Heute lebt und arbeitet sie in Biel. Ihre Schreibpraxis ist untrennbar mit ihrem Lebensstil verbunden: polymorph, nicht linear, sinnlich.
Sie ist Autorin einer Sammlung von Erzählungen "Le poids des poissons perdus" (Le noyau, 2013) und zweier Romane, "Venir grand sans virgules" (L'Aire, 2018), deren deutsche Übersetzung den Titel "Ohne Komma" (die Brotsuppe, 2023) und "Comme de l'eau dans l'eau" (La Veilleuse, 2024) trägt.