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Yasuhiro Ogawa: Silence
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  • Ausstellung

Galerie 94, Baden

Yas­u­hi­ro Oga­wa: Si­lence

Mittwoch, 5. Februar 2025

Die Fotografien Ogawas verstärken die innere Sehnsucht nach dem ursprünglichen Erlebnis der Natur ausserhalb von selbst geschaffenen, immer künstlicheren Lebensstrukturen.

Yasuhiro Ogawa gilt als eine der neuen starken Stimmen in der japanischen Fotogra-fie. Durch seine einzigartigen Perspektiven und emotionale Tiefe fängt Yasuhiro Ogawa die Schönheit und das Mysterium des Reisens ein und schafft Bilder, die sowohl zeitlos als auch eindrucksvoll sind. In seinen Arbeiten werden die klassischen Motive und kontemplative Haltung der japanischen Landschaftsfotografie neu erzählt. Landschaften erscheinen, wie auf einer Leinwand, durchdringen die beschlagenen Scheiben eines Zuges, Dunkelheit und Licht grenzen aneinander. Schnee fällt auf sanfte, abgedunkelte Farben. Die Orte in den Bildern Yasuhiro Ogawas scheinen verwunschen zu sein.

Für seine aktuelle Serie «Into the Silence», folgte Ogawa den Spuren des Haiku-Dichters Matsuo Bashō, der im 17. Jahrhundert den Norden Japans durchwanderte. Die Gedichtsammlung, die auf dieser Reise, heute unter dem Titel Oku no Hosomichi (Der schmale Weg in den tiefen Norden) bekannt, entstanden, verbinden die komplexe und vielschichtige Ausdrucksform des Haikus mit Naturbeschreibungen eines grösstenteils noch unbekannten Territoriums (die japanische Besiedlung von Hokkaidō erfolgte grösstenteils erst im 19. Jahrhundert) schufen dadurch auch einen bedeutenden nationalen Gründungsmythos Japans.

Ogawa folgt der Route Bashōs für 10 Jahre und es entstehen Farbfotografien, welche die Umwelt in Traumlandschaften verwandeln. Diese Verwandlung des Ortes bleibt aber immer im Status der Verbindlichkeit des realen Momentes. Die kräftigen Farben erzeugen abstrakte Trennungen in den Bildkompositionen, dadurch wirken die Aufnahmen fragil und offen. So wie die Stimmung eines Haiku beim Lesen nachklingt, so tritt man in die auratischen Bildräume Yasuhiro Ogawas ein und verliert sich darin.

Einen weiteren Einfluss stellen die japanischen Holzschnitte dar, welche ab Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden und deren Traditionen bis heute in Japan ununterbrochen fortgeführt werden. Durch die Welle des Japonismus am Ende des 19. Jahrhunderts wurden die farbigen Druckgrafiken in Europa populär. Der Einfluss japanischer Holzschnitte auf Künstler der klassischen Moderne, welche wesentliche Elemente konsequent in ihre malerischen Techniken übernahmen, ist durch die Sammlungen und Kopien der Drucke von Künstlern wie Vincent van Gogh, Paul Gauguin und Edvard Munch belegt. In diese Tradition lassen sich auch Ogawas Farbfotografien, mit der von ihnen ausgehenden Stille, der intensiven und abstrakten Farbigkeit, und der Anwesenheit von Natur und Naturereignissen, verstehen.

Die verlangsamte und kontemplative Haltung der Bilder erzählt von der Freiheit des Unterwegs-Seins, der Einfachheit des Lebens. Die Fotografien Ogawas verstärken die innere Sehnsucht nach dem ursprünglichen Erlebnis der Natur ausserhalb von selbst geschaffenen, immer künstlicheren Lebensstrukturen.

Im Alter von 23 Jahren entdeckt Ogawa die Aufnahmen von Sebastião Salgado und beginnt daraufhin selbst intensiv zu fotografieren. Für seine Bilder reist er jahrelang durch Asien, Afrika und Zentralasien.

In der Serie «The Dreaming» hält er 2019 Rückschau, versammelt eine Auswahl der Schwarz-Weiss-Fotografien aus dieser, ein Viertel Jahrhundert andauernden, Suche. In diesen Aufnahmen vermischt Ogawa Unschärfen, Dunkelheit und grobe Körnungen mit einer lyrischen Haltung und harmonischen Elementen. Die Balance dieser Verbindung und der Charakter der Abwesenheit dieser Orte erzeugen ein verstärktes emotionales Erlebnis des Betrachtens. Mit der gleichnamigen Buchpublikation erlangt der Fotograf internationale Bekanntheit.

Yasuhiro Ogawa

Geboren in Kanagawa, Japan, 1968. B.A. in englischer Literatur von der Kanagawa Univ. Japan. Er begann mit der Fotografie in den frühen Zwanzigern und startete seine professionelle Karriere im Jahr 2000.

Er hatte zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen, darunter «Futashika na Chizu» im Kodak Photo Salon, Tokio (1999), «Slowly Down the River» im Nikon Salon Ginza, Tokio (2006), «The Photographic Society of Japan New Comer Award Memorial Exhibition» in Tokio und Moskau (2009), «Winter Journey» in der Doozo Gallery, Rom, Italien (2013), «Cascade» in der Sokyusha Gallery, Tokio (2017), «By the Sea» im Fuji Film Photo Salon, Tokio (2018), «Contes des iles et Paysages de la Mer du Japon» in der Inbetween Gallery, Paris, Frankreich (2018), «The Dreaming» in der Blue Lotus Gallery, Hong Kong (2020) und «Into the Silence» & «Dreaming» in der Galerie Buchkunst, Berlin (2024).

Er hat bisher sechs Fotobücher veröffentlicht, darunter «Slowly Down the River» (Creo, 2008), «Shimagatari» (Sokyusha, 2014), «Cascade» (Sokyusha, 2017), «By the Sea» (Selbstverlag, 2018), «The Dreaming» (Sokyusha, 2020) und «Tokyo Silence» (T&M Projects, 2022).

Er hat mehrere Preise gewonnen, darunter den Taiyo Award für seine erste Einzelausstellung «Futashikana Chizu» (2000) und den The Photographic Society of Japan New Comer Award für sein erstes Fotobuch «Slowly Down the River» (2009). Er war Finalist beim Oskar BarnackAward (2006) und dem Hayashi Tadahiko Award (2015).

Derzeit lebt er in Tokio.

Text: Thomas Gust, Galerie Buchkunst Berlin

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